Berchtesgadener Landesstiftung

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Die Berchtesgadener Landesstiftung, oft auch „Kehlsteinstiftung“ genannt, ist eine kreiskommunale Stiftung die gemeinnützige und wohltätige Zwecke im Landkreis Berchtesgadener Land fördert. Sie verfügt über die Nießbrauchrechte am Kehlsteinhaus, den beiden Kehlsteinstraßen und der Dokumentation Obersalzberg.

Geschichte

Als sich Ende der 1950er Jahre das Jubiläum der 150-jährigen Zugehörigkeit der einstigen Fürstpropstei Berchtesgaden zu Bayern näherte, überlegte sich Karl Theodor Jacob, der Landrat des damaligen Landkreises Berchtesgaden, neben den allgemeinen Festlichkeiten auch die einheimische Bevölkerung zu beschenken. Seine Idee war es, die alten noch bestehenden NSDAP-Bauten im Bereich Obersalzberg für einen guten Zweck zu nutzen und einer gemeinnützigen kommunalen Stiftung zu übertragen. Nach unzähligen Gesprächen, unter anderem mit allen Ministern der Bayerischen Staatsregierung und dem Leiter der Opposition, konnte Jacob den Landtag letztendlich von seinem Vorhaben überzeugen. Dieser stimmte am 26. Juli 1960 der Gründung der Berchtesgadener Landesstiftung zu. Wenige Tage später, am 6. August 1960, wurde mit der Unterzeichnung der Errichtungsurkunde (Urkunde Nr. I A 4 – 539 – 4 B/20) durch den Staatsminister des Inneren Alfons Goppel die Landesstiftung bereits gegründet. Am 1. September 1960 erhielt sie schließlich die dinglichen Nießbrauchrechte am Kehlsteinhaus, der Kehlsteinstraße und der Dalsenwinkelstraße.[1] Die feierliche Übergabe der Urkunde an den Berchtesgadener Landrat erfolgte am 4. September 1960.[2]

Im Jahr 1972 fand erstmals eine wesentliche Änderung an der Landesstiftung statt. Durch die Gemeindegebietsreform wurde der Landkreis Berchtesgaden aufgelöst und mit Teilen des ebenfalls aufgelösten Landkreises Laufen sowie der kreisfreien Stadt Bad Reichenhall zum neuen Landkreis Berchtesgadener Land zusammengelegt. Durch die Landkreisneuordnung erweiterte sich der Wirkungsbereich der Stiftung vom alten Berchtesgadener Kernland auf ein weites Gebiet das bis in den Rupertiwinkel reicht.

Die nächste große Änderung der Stiftung ereignete sich fast drei Jahrzehnte später. Nachdem die US-Amerikaner im Jahr 1996 ihr Armed Forces Recreation Center in der Gnotschaft Obersalzberg auflösten, errichtete der Freistaat Bayern auf einem Teil des freigewordenen Geländes die Dokumentation Obersalzberg. Das Nießbrauchrecht am Grundstück übertrug der Bayerische Landtag im Jahr 1999 an die Berchtesgadener Landesstiftung.[3] Der Nießbrauchvertrag dazu wurde am 18. Oktober 1999 geschlossen.[4]

Stiftung

Die Berchtesgadener Landesstiftung ist eine rechtsfähige kreiskommunale Stiftung des öffentlichen Rechts. Stifter sind das Bayerische Staatsministerium des Innern im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Unterricht und Kultus und der Finanzen. Sitz der Stiftung ist das Landratsamt des Berchtesgadener Landes in Bad Reichenhall. Die Aufsicht hat die Regierung von Oberbayern[5], da bei kommunalen Stiftungen die Rechtsaufsichtsbehörde an die Stelle der Stiftungsaufsichtsbehörde tritt.[6]

Zweck

In der Stiftungssatzung ist in §2 Absatz 1 der Zweck der Stiftung festgelegt:

„Die Stiftung verfolgt ausschließlich gemeinnützige und wohltätige Zwecke im Landkreis Berchtesgadener Land auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet. Sie soll insbesondere die Gesundheitsfürsorge, die Krankenpflege, die Erziehung, das Schulwesen und die Pflege des Heimatgedankens fördern.“[7]

Stiftungsrat

Die Berchtesgadener Landesstiftung wird von einem Stiftungsrat verwaltet. Dem Stiftungsrat gehören laut §4 der Satzung fünf Mitglieder an. Diese verteilen sich auf zwei vom bayerischen Ministerpräsidenten benannte Vertreter des Freistaats Bayern, dem Präsidenten des Bayerischen Landesamtes für Steuern, dem Landrat des Landkreises Berchtesgadener Land und einem vom Kreistag gewählten Vertreter, der jedoch kein Kreistagsmitglied sein muss.

Den Vorsitz des Rates hat der Landrat inne.[5]

Eigentum, Verpachtung und Einnahmen

Im Eigentum der Landesstiftung stehen die Nießbrauchrechte am Kehlsteinhaus mit Grundstücken und den beiden Zufahrtsstraßen Kehlsteinstraße und Dalsenwink(e)lstraße sowie der Dokumentation Obersalzberg. Mit den Rechten an den Grundstücken ist es der Stiftung möglich, durch Gewerbebetrieb die Einnahmen für ihren Zweck zu sammeln. Aufgrund einer Einschränkung im Körperschaftsteuergesetz, nachdem die Landesstiftung nur dann von der Körperschaftsteuer befreit ist, sofern kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird[8], beschränkt sich die Stiftung jedoch auf die Verwaltung des Stiftungsvermögens. Um dennoch mit den Grundstücken Einnahmen zu generieren, hat sie die Nießbrauchrechte an den Zweckverband Tourismusregion Berchtesgaden-Königssee verpachtet (der seinerseits das Kehlsteinhaus und die Kehlsteinbuslinie weiterverpachtet hat), der aus den Gewerbeeinnahmen festgelegte Zinssätze an die Stiftung abführt.

Mit Stand 1980 sind dies:

  • 12 % aus dem Gesamtumsatz des Restaurationsbetriebes
  • 12,5 % aus dem sonstigen Warenverkauf
  • ⅓ aus den vollen und ¼ aus den ermäßigten Gebühren der Bruttoeinnahmen des Aufzugs
  • 25 % der Bruttoeinnahmen aus den Münzfernrohren (u.a. am Kehlsteingipfel und am Buswendeplatz)

[9]

Neben den regulären Einnahmen durch die Pacht, erhält die Stiftung auch immer wieder Zuwendungen von Dritten. Diese Spenden können zwar Zweckgebunden sein, der Zweck muss jedoch dem Stiftungszweck entsprechen.

Ausgaben & Förderungen

Aufgrund der Tatsache, dass jährlich hunderttausende Personen das Kehlsteinhaus besuchen, erhält die Berchtesgadener Landesstiftung nicht unerhebliche Pachteinnahmen. Ein Teil der Einkünfte wird zur Erhaltung und Verbesserung der eigenen Grundstücke und Anlagen verwendet, der größte Teil geht jedoch in die Förderung von Projekten die dem Satzungszweck entsprechen. Seit der Gründung der Stiftung wurden bis Ende 2010 17,8 Millionen Euro[4] und bis 2019 24 Millionen Euro[10] an verschiedenste Projekte und Einrichtungen ausbezahlt.

Folgende Auflistung gibt einen unvollständigen Überblick der Förderungen in den letzten Jahrzehnten:

Gesundheit
  • BRK-Haus in Bad Reichenhall[11]
  • Projekt „Fit & clever in der Schule“ der Gesundheitsregionplus Berchtesgadener Land[12]
Bildung
  • Grundschulhäuser der Gemeinden Anger, Piding und Teisendorf[11]
  • Schülerforschungszentrum Berchtesgadener Land[13]
Sonstiges
  • Kalvarienberg[11]
  • Turn- oder Mehrzweckhallen in zahlreichen Gemeinden [11]
  • Renovierung des Mesnerhauses in Berchtesgaden[11]
  • Haus der Sozialen Dienste im Franziskanerkloster[14]


Im Jahr 2019 erhielten 14 Projekte eine Förderung im Wert von 653.400 Euro. Unterstützt wurden unter anderem mehrere Vereine, die Bergwacht Chiemgau mit ihrer Lawinenhundestaffel, die Verkehrswacht BGL und auch einige Kommunen.[15]

Zu den neueren Förderungen gehört die Untersuchung des Abwassers auf Coronaviren im Rahmen der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie. Die Landesstiftung übernahm hierbei 60% der Kosten für die Probenentnahmen.[16]

Veröffentlichungen

Im Jahr 1995 gab die Landesstiftung zum 50-jährigen Ende des Zweiten Weltkriegs erstmals ein Druckwerk heraus. Die von Prof. Dr. Ernst Hanisch von der Universität Salzburg geschriebene Broschüre gibt auf 48 Seiten einen Überblick über die Geschehnisse in Obersalzberg und dem Kehlsteinhaus während und nach der NS-Zeit. Das Werk wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.

  • Prof. Dr. Ernst Hanisch: Der Obersalzberg, das Kehlsteinhaus und Adolf Hitler. Berchtesgaden 1995, Plenk Verlag, ISBN 978-3-922590-98-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 20 Jahre Berchtesgadener Landesstiftung 1960-1980. 1980, Berchtesgadener Anzeiger, S. 30.
  2. 20 Jahre Berchtesgadener Landesstiftung 1960-1980. 1980, Berchtesgadener Anzeiger, S. 22f.
  3. "Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Freistaates Bayern für die Haushaltsjahre 1999 und 2000 (Haushaltsgesetz 1999/2000)" vom 26. Juli 1999: Artikel 7 Punkt 4 – Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 17 vom 30. Juli 1999
  4. 4,0 4,1 Bayerischer Landtag – Drucksache 16/10346
  5. 5,0 5,1 20 Jahre Berchtesgadener Landesstiftung 1960-1980. 1980, Berchtesgadener Anzeiger, S. 29.
  6. Bayerisches Stiftungsgesetz – Artikel 10 & 20
  7. https://stiftungen.bayern.de/stiftung/3764
  8. Körperschaftsteuergesetz (KStG) § 5 Absatz 1 Punkt 9
  9. 20 Jahre Berchtesgadener Landesstiftung 1960-1980. 1980, Berchtesgadener Anzeiger, S. 20.
  10. https://plus.pnp.de/lokales/lokales_suedostbayerische/3526904_BERCHTESGADENER-LANDESSTIFTUNG.html
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 11,4 20 Jahre Berchtesgadener Landesstiftung 1960-1980. 1980, Berchtesgadener Anzeiger, S. 41ff.
  12. https://www.lgl.bayern.de/gesundheit//gesundheitsversorgung/gesundheitsregionenplus/gefoerderte_regionen/doc/berchtesgadener-land_lkr.pdf
  13. https://www.schuelerforschung.de/struktur/
  14. https://www.stiftsland.de/kategorieblog-st-andreas/haus-der-sozialen-dienste-im-franziskanerkloster.html
  15. https://www.lra-bgl.de/t/das-landratsamt/aktuelles/details/news/landrat-grabner-ueberreicht-zuwendungsschreiben-der-berchtesgadener-landesstiftung/
  16. https://untersberger.info/bericht/12184/Pilotprojekt-zur-Pandemiebek%C3%A4mpfung-im-Berchtesgadener-Land-%E2%80%93-Abwasser-wird-auf-Coronaviren-untersucht.html