Sender Untersberg
Der Sender Untersberg ist ein Rundfunkgrundnetzsender des Bayerischen Rundfunks auf dem Geiereck am Untersberg für die Versorgung des halben Landkreises Berchtesgadener Land und angrenzender Gebiete. Eine Besonderheit des Senders ist, dass seine Anlagenteile sowohl auf österreichischem Staatsgebiet als auch auf deutschem Staatsgebiet stehen.
Neben dem Rundfunksender befinden sich an dem Standort auch noch weitere Sendeanlagen und in einem separaten Gebäude die Anlagen der von der Telekom Austria betriebenen Richtfunkstrecke „Richtfunknetz Mitte“.
Geschichte
Ende des Jahres 1961 hatten der Deutsche Bundesminister für das Post- und Fernmeldwesen und das österreichische Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung als Oberste Fernmeldebehörde) ein Abkommen geschlossen, das beiden Ländern die Errichtung und den Betrieb von Rundfunksendeanlagen kurz hinter der Grenze des jeweils anderen Landes ermöglicht, sofern die jeweiligen Landesgesetze eingehalten werden.[1] Dieses Abkommen ermöglichte es dem Bayerischen Rundfunk auf dem österreichischen Teil des Geierecks einen verbreitungmäßig günstigen Standort für eine Sendeanlage zu wählen, die sowohl die noch unversorgten Gebiete im Bereich Marktschellenberg, als auch die Gemeinden im mittleren und nördlichen Landkreis, sowie die A 8, erreicht.[2] Die Inbetriebnahme des neuen Senders erfolgte am 1. November 1969.[3] Zunächst wurde nur das "1. Fernsehprogramm" (später ARD) mit 3kW Leistung auf Kanal 46 (horizontal) abgestrahlt.[4] Zehn Jahre später kamen dann erstmals auch Radioprogramme des BR auf den Sender. Damit wurden einerseits Versorgungslücken geschlossen und andererseits Bayern 3 an die Sender Reichenhall und Berchtesgaden weitergeleitet. Der Sendebetrieb startete im Mai 1979.[5]
Nach 39 Jahren erfolgte im Fernsehbereich ein Generationenwechsel. Am 29. April 2008 verließ das analoge Fernsehen den Sender und die neue digitale Fernsehtechnik DVB-T zog ein.[6] Im Zuge dessen wurden bei den kleinen Füllsendern im Landkreis die Fernsehantennen stillgelegt und abgebaut. Zu Beginn wurden zwei Programmpakete aufgeschaltet. Das ARD-Programmbouquet startete auf Kanal 58 und das BR-Programmbouquet auf Kanal 25. Die Signale wurden per Ballempfang vom Sender Pfarrkirchen (Landkreis Rottal-Inn) zugespielt. Nur ein Jahr nach dem Start fand am 3. September 2009 ein Kanalwechsel statt. Das ARD-Paket wechselte von Kanal 58 auf 49 und das BR-Paket von Kanal 25 auf 39.[7][8] Parallel zum BR betrieb die Media Broadcast GmbH auf Kanal 42 noch das ZDF-Paket.[9]
Nur 10 Jahre später erfolgte mit dem Einzug des neuen Übertragungsstandards DVB-T2 in Deutschland eine weitere Umstellung der terrestrischen Fernsehsignalverteilung. Hierfür beantragte der BR einen erneuten Kanalwechsel. Das ARD-Programmbouquet wanderte auf Kanal 30 und das BR-Programmbouquet auf Kanal 31. Weiters wurde auch die Signalzuführung auf Richtfunk umgestellt. Die Umschaltung geschah am 26. April 2018.[6][10] Analog dazu stellte auch die Media Broadcast GmbH das ZDF-Bouquet auf die neue Technik um. Hierbei wechselte der Kanal von 42 auf 34.[9]
Ein paar Jahre nach dem Fernsehen zog auch beim Radio langsam das digitale Zeitalter ein. Das Digitalradio wurde jedoch nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zum analogen Radio konzipiert. Im Sommer 2013 beantragte der Bayerische Rundfunk im Zuge des DAB-Ausbaus den Betrieb des Kanals 11D (Senderblock mit Programmen des BR) am Untersberg. Dies wurde ihm am 23. Oktober 2013 genehmigt.[11] Fast genau ein Jahr später, am 30. Oktober 2014, ging der Block dann gemeinsam mit den Standorten Burgsinn, Passau, Pfaffenhofen a. d. Ilm und Jenner auf Sendung.[12] Im Dezember 2017 folgte die Genehmigung des zweiten Kanalblocks 10A, der einen Programmschwerpunkt auf Oberbayern und Schwaben hat.[13] Dieser Block wurde am 20. Juni 2018 in Betrieb genommen.[14] Wenige Monate später zeigte erstmals auch ein privates Medienunternehmen Interesse an dem Standort. Im Zuge des deutschlandweiten Ausbaus des BundesMUX 5C, beantragte die Media Broadcast GmbH am 12. Dezember 2018 den Betrieb eines eigenen DAB-Senders. Nachdem die Behörde dem Antrag am 2. April 2019 zustimmte, ging der DAB-Block am 31. Oktober 2019 auf Sendung.[15][16] Unmittelbar nach der Betriebsaufnahme des ersten Privatanbieters, stellte am 6. November 2019 die Bayern Digital Radio GmbH als zweites Privatunternehmen einen Antrag auf Betrieb ihres DAB-Blocks 7A, der Regionalsender für Oberbayern Süd beinhaltet. Auch diesem wurde am 17. Februar 2020 stattgegeben.[17] Der Sendestart fand dann ein paar Monate später am 10. September 2020 statt.[14]
Lage
Der Sender steht in einer Höhe von 1.805 m.ü.A. auf dem österreichischen Teil des Untersbergs beim relativ frei stehenden Gipfel Geiereck. Seine Sende- und Empfangsanlagen sind dabei nördlich des Gipfels an der Bergstation der Untersbergbahn (Gemeinde Grödig)beheimatet. Lediglich eine kleine Nebenantenne befindet auf der Südseite, wenige Meter hinter der Staatsgrenze auf deutschem Territorium (gemeindefreies Gebiet Schellenberger Forst).
Sendeanlagen
Am Geiereck finden sich zahlreiche Funkdienste, da dieser Standort aufgrund seiner exponierten Lage für viele Funkanwendungen optimale Voraussetzungen bietet. Zu den größten Diensten gehören der Rundfunk des Bayerischen Rundfunks und das österreichische Richtfunknetz der Telekom Austria.
Bayerischer Rundfunk
Der Bayerische Rundfunk betreibt an zwei Standorten auf dem Geiereck mehrere Sende- und Empfangsanlagen für Rundfunkdienste. Eine Besonderheit ist dabei die staatenübergreifende Lage der beiden Standorte. Während die Haupttechnik in Österreich steht, befindet sich eine Nebenantenne knapp hinter der Staatsgrenze in Deutschland.
- Hauptanlage
Die Hauptanlage befindet sich auf der Nordseite der Bergstation der Untersbergbahn im Bereich der Aussichtsterrasse.
Unterhalb der Terrasse ist ein Mast montiert, an dem die Empfangsantennen der verschiedenen Rundfunkdienste hängen. Am mittleren Mastteil hängt die Richtfunkantenne der digitalen Rundfunkdienste DVB-T2 und DAB+ und die Ballempfangsantenne für UKW-Radio, die beide zum Grundnetzsender Wendelstein[18] ausgerichtet sind. An der Mastspitze sind noch zwei GPS-Empfänger installiert. Früher hingen am Mastende auch die Ballempfangs- und Sendeantenne für analoges Fernsehen. Die Empfangsantenne war vermutlich zum Sender Pfarrkirchen in Niederbayern ausgerichtet. Der DAB-Block 11D wurde zudem in der Anfangszeit per Leitung ins System eingespeist.
Oberhalb der Terrasse über dem Wartebereich für die Talfahrt sind drei höhere Masten am Gebäude befestigt. Die beiden östlichen Masten tragen mehrere Richtfunkantennen, die sowohl nach Österreich als auch nach Deutschland zeigen. Auf dem dritten Mast finden sich die Sendeantennen des Bayerischen Rundfunks. An der Spitze hängen vier DVB-T2-Antennen und an der Mastmitte zwei Yagi-Antennen für DAB+. Im unteren Bereich finden die beiden UKW-Antennen. Alle Antennen sind aufgrund der Lage im direkten Grenzgebiet als Richtantennen mit Zielgebiet Bayern ausgeführt. Früher befand sich an der Mastspitze noch die Empfangsantenne für DVB-T, die zum Sender Pfarrkirchen[8] zeigte.
- Nebenantenne
Abseits der Hauptanlage steht auf einem Felsvorsprung unterhalb des Geiereck-Gipfels noch eine kleine Funkanlage. Diese befindet sich unmittelbar hinter der Staatsgrenze. Die Funkanlage dient einzig der Versorgung des Marktschellenberger Tals von der Grenze bis nach Berchtesgaden mit den Rundfunksignalen. Am Standort werden DVB-T2, UKW-Radio und DAB+ abgestrahlt.
- Quelle für andere Sender
Als Grundnetzsender dient der Sender Untersberg neben seinem Hauptzweck als Rundfunksender auch als Quelle für mehrere Füllsender im Landkreis. Unter anderem die Sender Bad Reichenhall, Berchtesgaden und Jenner erhalten ihre Signale per Ballempfang vom Untersberg.
Richtfunkgebäude
Wenige Meter neben der Bergstation steht direkt am Abgrund ein großes rechteckiges Gebäude. Auf zwei Bühnen sind dort für alle möglichen Dienste unzählige Richtfunkanlagen in alle Himmelsrichtungen installiert, darunter auch die besonders wichtige staatliche Richtfunkstrecke „Richtfunknetz Mitte“.
Andere Anlagen
An verschiedenen Stellen der Bergstation sowie in der direkten Umgebung befinden oder befanden sich weitere Funkanlagen.
Am Rande der Terrasse hingen früher die Sendeantennen des Radiosenders „Antenne Salzburg“. Im Sommer 2006 zog dieser jedoch zum Sender Gaisberg um und die Antennen wurden zurück gebaut.[19]
Auch der ehemalige Fernsehsender Salzburg TV (heute Servus TV) hatte hier seine erste terrestrische Sendeanlage. Aufgrund eines fehlenden Gesetzes für private Fernsehsender, betrieb Salzburg TV die Anlage zunächst illegal als Piratensender. Dies wurde nach wenigen Tagen von den österreichischen Behörden aber unterbunden. Nach dem Inkrafttreten eines Privatfernsehgesetz am 1. August 2001, konnte der Fernsehsender dann 2002 auch legal mit eigener terrestrischer Frequenz (Kanal 36, 591,25 MHz; 1 kW[20]) auf Sendung gehen.[21]
Empfangsgebiet
Durch seine exponierte Lage besitzt der Sender Untersberg ein großes Empfangsgebiet. Seine Hauptempfangsbereiche bilden dabei ein nördliches und ein südliches Gebiet in Oberbayern.
Das nördliche Gebiet erstreckt sich auf den mittleren und nördlichen Landkreis Berchtesgadener Land vom Bad Reichenhaller Talkessel bis in den Rupertiwinkel. Im Falle des wesentlich stärker abgestrahlten Digitalradios erreicht es sogar einen Großteil von Südostbayern zwischen dem Berchtesgadener Land, Rosenheim und Niederbayern. Der Empfang im Reichenhaller Talkessel ist aufgrund mehrerer hoher Gipfel des Untersbergs jedoch nur begrenzt möglich.
Etwas anders verhält es sich im südlichen Gebiet. Die hierfür zuständige abgesetzte Antenne ist leicht in den Schellenberger Talkessel gerichtet und versorgt dementsprechend nur das kleine Gebiet vom Grenzübergang Hangendenstein über Marktschellenberg bis nach Berchtesgaden. Dort übernehmen dann die Sender Berchtesgaden, Obersalzberg und Jenner.
Neben seinen beiden Hauptempfangsgebieten ist der Sender, trotz seiner auf Bayern gerichteten Antennen, auch weit ins Salzburger Land hinein zu hören. Gute Empfangseigenschaften gibt es in den nahen Bezirken Flachgau (Salzburg-Umgebung) und Tennengau (Bezirk Hallein). Teilweise ist er sogar bis nach Oberösterreich zu empfangen.
Senderliste
Aktive Sender
Analogradio
| Sender[18] | Frequenz | Leistung (W) | Antennendiagramm | Polarisation |
|---|---|---|---|---|
| Bayern 1 | 91,9 | 40 | gerichtet | horizontal |
| Bayern 2 | 92,9 | 100 | gerichtet | horizontal |
| Bayern 3 | 96,1 | 100 | gerichtet | horizontal |
| BR Klassik | 100,7 | 100 | gerichtet | horizontal |
| B5 aktuell | 87,8 | 100 | gerichtet | horizontal |
Dem Sender ist nach dem Genfer Wellenplan von 1984 weiters die Frequenz 105,3 MHz von Antenne Bayern zugewiesen. Diese wird jedoch vom nahen Sender Högl abgestrahlt.[22]
DAB+
| Blockname | Betreiber | Kanal | Sendeleistung (kW) | Gerichtet | Polarisation |
|---|---|---|---|---|---|
| BR Bayern | Bayerischer Rundfunk | 11D | gerichtet | vertikal | |
| BR Obb/Schw | Bayerischer Rundfunk | 10A | gerichtet | vertikal | |
| Oberbayern Süd | Bayern Digital Radio GmbH | 7A | 3,16 | gerichtet | vertikal |
| DR Deutschland | Media Broadcast GmbH | 5C | 3,16 | gerichtet | vertikal |
DVB-T2
| Paket | Betreiber | Kanal | Sendeleistung (W) | Gerichtet | Polarisation |
|---|---|---|---|---|---|
| ARD regional | Bayerischer Rundfunk | 30 | 1.000 | gerichtet | horizontal |
| ARD digital | Bayerischer Rundfunk | 31 | 1.000 | gerichtet | horizontal |
| ZDF | Media Broadcast | 34 | 1.000 | gerichtet | horizontal |
Ehemalige Sender
Analoges Fernsehen
| Sendername | Frequenz | Leistung (W) | Antennendiagramm | Polarisation |
|---|---|---|---|---|
| ARD | 671,25 (Kanal 46) | 3.000 | gerichtet | horizontal |
| ZDF | 631,25 (Kanal 54) | 660 | gerichtet | horizontal |
| BR | 487,25 (Kanal 23) | 660 | gerichtet | horizontal |
DVB-T
| Senderpaket | Betreiber | Kanal | Leistung (W) | Antennendiagramm | Polarisation |
|---|---|---|---|---|---|
| ARD-Bouquet | Bayerischer Rundfunk | 49 (bis 2009: 58) | 1.000 | gerichtet | horizontal |
| BR-Bouquet | Bayerischer Rundfunk | 39 (bis 2009: 25) | 1.000 | gerichtet | horizontal |
| ZDF-Bouquet | Media Broadcast | 42 | ? | gerichtet | horizontal |
Sehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Bescheid "KOA 3.400/09-001" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 30. Oktober 2009
- ↑ https://www.digitalfernsehen.de/news/technik/tech/senderportrait-untersberg-tv-und-radiosignale-fuer-bayern-und-oesterreich-1135824/
- ↑ Sektion Berchtesgaden im Deutschen Alpenverein (Hrsg.): 110 Jahre Sektion Berchtesgaden des Deutschen Alpenvereins 1875–1975. 1975, S. 35.
- ↑ BR-Geschäftsbericht 1969
- ↑ BR-Geschäftsbericht 1979
- ↑ 6,0 6,1 https://www.br.de/unternehmen/inhalt/technik/rundfunktechnik-dvb-t-bayern100.html
- ↑ https://web.archive.org/web/20101028032924/http://dvb-t-bayern.de/aktuelles_archiv.html
- ↑ 8,0 8,1 Bescheid "KOA 3.400/09-001" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 30. Oktober 2009
- ↑ 9,0 9,1 Bescheid "KOA 1.004/18-005" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 23. April 2018
- ↑ Bescheid "KOA 1.004/17-003" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 29. Juni 2017
- ↑ Bescheid "KOA 1.004/13-002" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 23. Oktober 2013
- ↑ https://www.br.de/presse/inhalt/pressemitteilungen/ausbau-digitalradio-netz-102.html
- ↑ Bescheid "KOA 1.004/17-027" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 15. Dezember 2017
- ↑ 14,0 14,1 https://mobile.sender-tabelle.de/result.php?mode=d&inputLand=D&inputRegion=bay#Voralpenland/
- ↑ Bescheid "KOA 1.004/19-001" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 2. April 2019
- ↑ https://www.bayerndigitalradio.de/2019/10/29/mehr-sound-fuer-den-sueden-media-broadcast-schaltet-in-bayern-neue-dab-standorte-auf/
- ↑ Bescheid "KOA 1.004/20-002" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 17. Februar 2020
- ↑ 18,0 18,1 Bescheid "KOA 1.004/20-009" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 3. November 2020
- ↑ https://www.wabweb.net/radio/sender/untersberg.htm
- ↑ Bescheid "KOA 3.120/02-02" der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 29. Juli 2002
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Salzburg_TV
- ↑ Genfer Wellenplan 1984