Berchtesgadener Bauerntheater
Das Berchtesgadener Bauerntheater ist ein Kleintheater am Franziskanerplatz in der Marktgemeinde Berchtesgaden. Das Ensemble führt überwiegend bäuerliche Lustspiele auf.
Bauerntheater
Hausbühne
Die Hausbühne des Berchtesgadener Bauerntheaters ist das freistehende Gebäude „Watzmannsaal“, ein Nebengebäude des Hotels (Gasthaus) Watzmann. Der Saal befindet sich im Herzen der Marktgemeinde Berchtesgaden, direkt gegenüber der Franziskanerkirche an der Ecke Franziskanerplatz / Angergasse. Das mehrstöckige Gebäude besitzt eine Größe von rund 600 m² und bietet heute Platz für 330 Zuschauer, verteilt auf das Erdgeschoss und mehrere Balkone im Obergeschoss.
- Stücke
Das Theater besitzt aktuell ein Repertoire aus 5 bis 10 Stücken, wobei in unregelmäßigen Abständen auch neue hinzu kommen und ältere verschwinden. Durchschnittlich werden zwei davon pro Woche in einem wechselnden Rhythmus aufgeführt.
- Geschichte
Die erste Hausbühne des Bauerntheaters befand sich im Hotel Vier Jahreszeiten. Die Zweite war im Hotel Krone, das jedoch Ende der 1930er Jahre für den Bau des Berchtesgadener Eisenbahntunnels abgerissen wurde. 1937 wurde dann der Watzmannsaal die Heimat des Theaters.[1]
- Sonstiges
Vereinzelt treten auf der Hausbühne auch andere Gruppen auf. So fanden etwa im Jahre 2022 das 12. Sänger- und Musikantentreffen und am 27. September 2024 das 14. Sänger- und Musikantentreffen statt.
Freilichtbühne am Kälbersteinbruch
Einige Jahrzehnte lang besaß das Bauerntheater über den Dächern von Berchtesgaden im Kälbersteinbruch am Königsweg eine Freilichtbühne. Unter der großen Felswand stand die Bühne, auf der z.B. eine Holzhütte und eine Kapelle aufgebaut war. In der Wiese davor reihten sich Klappstühle für die Besucher.
- Hintergrund
1990 fanden in Berchtesgaden die 1. Ganghofer-Festwochen statt und das Bauerntheater führte Ludwig Ganghofers „Der Jäger von Fall“ auf. Da für das Stück eine aufwändige Felskulisse mit Almhütte aufgebaut werden musste, kam der Theaterleiterin Elisabeth Hölzl-Michalsky bei den Proben der Gedanke, dass der Kälbersteinbruch die perfekte Kulisse für dieses Stück wäre. Mit Unterstützung der Marktgemeinde Berchtesgaden und des Fremdenverkehrsverbands wurde in den nächsten Jahren der alte Steinbruch in eine Freiluftbühne verwandelt. Nach rund 20 Jahren war das Ende der Bühne gekommen. Letztmalig wurde sie im Frühjahr 2016 auf der Webseite des Bauerntheaters erwähnt.[2]
- Ursprünge
Bereits der Schriftsteller Ludwig Ganghofer beabsichtige im Jahre 1904 den Bau eines Freilichttheaters am Kugelfeld. Dieses Vorhaben blieb jedoch erfolglos.[3]
Direktoren
- 1903–1929: Franz Gritl
- 1929–1933: Martin Beer (nicht zu verwechseln mit dem Bürgermeister)
- 1933–1944: Anton Dimpfl
- 1944–1947: - (Kriegsbedingt kein Theater)
- 1947-1949: Franz Kurz, Vorsitzender der Weihnachtsschützen
- 1949–1987: Franz Hafner
- seit 15. April 1987: Elisabeth Hölzl-Michalsky
Geschichte
Vorgeschichte
Bereits im Jahre 1647, viele Jahrhunderte bevor das Bauerntheater das Licht der Welt erblickte, fanden im Berchtesgadener Talkessel schon Theateraufführungen statt. Diese „Theatrum“ genannten Darbietungen wurden üblicherweise von Geistlichen veranstaltet und umfassten religiöse Themen. Über die Zeit traten dann vermehrt auch Bauern auf und vermischten das Religiöse immer stärker mit weltlichen Handlungselementen wie etwa Hexen- und Räuberdramen. Weiteren Einfluss hatten wohl weiters auch verschiedene in Berchtesgaden gastierende Theatergruppen wie das Oberbayerische Bauerntheater. In den 1860er Jahren hielten zudem auch die Laufener Salzachschiffer fast jedes Jahr ein Gastspiel im Talkessel ab.
Gründung bis zum Zweiten Weltkrieg
In den Jahren 1903/1904 (ältere Angaben nennen oft noch das Jahr 1905) gründete dann der aus Schliersee (Landkreis Miesbach) stammende Franz Gritl in Berchtesgaden ein Bauerntheater. Mit einer Schar von Unterstützern (u.a. Schuhplattler und Musikanten) traten sie in den Sommermonaten in den heimischen Gasthäusern und Hotels auf. In der Winterzeit unternahmen sie regelmäßig Gastspielreisen in ferne Länder auf der ganzen Welt. Diese Reisen dienten nicht zuletzt auch als Werbung für Berchtesgaden.[3][4][5]
Während des Ersten Weltkriegs mussten die Schauspieler wiederholt als Fronttheater zur Unterstützung der Truppen antreten.[1]
Im Jahre 1921 gastierte das Bauerntheater unter Direktor Beer mehrere Monate lang bis zum 30. September[6] mit einem wechselnden Spielplan im Münchener Theater.[7] Gespielt wurden vor allem bekannte Theaterstücke.[8] Von den Münchenern wurde das Bauerntheater in den höchsten Tönen gelobt. So zählte etwa der Münchener Stadtanzeiger das Berchtesgadener Bauerntheater „zu den besten seiner Art“.[9]
Nach knapp 32 Jahren benannte Direktor Beer das Bauerntheater im Jahre 1932 in „Berchtesgadener Volkskunstbühne“ um.[10] Zu einer späteren Zeit erfolgte die Rückbenennung.
Als 1933 Anton Dimpfl die Leitung übernahm, begann das Theater wiederholt durch ganz Deutschland zu touren.[1]
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mussten die Theaterspieler, wie schon im Ersten Weltkrieg, erneut zur Unterhaltung der Soldaten an die Fronten reisen.[11] 1944 wurden dann die Schauspieler selbst eingezogen und das Theater geschlossen.[1]
Nachkriegsjahre unter den Weihnachtsschützen
Nach dem Krieg waren bis zum Abschluss der Entnazifizierung zunächst alle Unterhaltungsangebote durch die Militärregierung ausgesetzt oder verboten worden. Hier betraten die Weihnachtsschützen unter ihrem Vorstand Dr. Rudolf Kriß die Bühne. Kriß wurde während der NS-Zeit von den Nationalsozialisten zum Tode verurteilt (später in lebenslange Haft umgewandelt) und deswegen frühzeitig von der Militärregierung als NS-Gegner eingestuft. Durch diesen Umstand gelang es ihm nun, eine Lizenz zum Betrieb des Bauerntheaters zu erhalten und somit zumindest für etwas Unterhaltung zu sorgen. In vielen Stunden freiwilliger Arbeit, und mit Unterstützung des Architekten Zimmermann jun., bauten die Schützen anschließend das Theater in einen großen Theatersaal aus. Am 5. Dezember 1947 war dann die offizielle Wiedereröffnung. Die Leitung übernahm fürs Erste das Ausschussmitglied Franz Kurz.[12]
Schon bald nach der Wiedereröffnung kam es jedoch wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Kurz und den Schauspielern, da dieser nicht über die notwendigen Theaterkenntnisse verfügte. Auch innerhalb der Weihnachtsschützen kam es immer wieder zu Reibereien, da zu den Vereinszielen unter anderem die Ehrung von Sitte und Brauch gehören, ein Bauerntheater diese Werte aber gerade humorvoll durch den Kakao zieht. Im September 1949 zog der Verein dann einen Schlussstrich unter das Thema Bauerntheater und übergab es in die fachkundigen Hände des Sängers und Schauspielers Franz Hafner.[13][1]
Blütezeit
Nach Hafners Übernahme erlebte das Theater einen massiven Aufschwung. Einen großen Anteil daran hatte sicherlich auch die Übertragung der ausschließlichen Aufführungsrechte an Ludwig Ganghofers Roman „Die Martinsklause“ an die Marktgemeinde und das Theater im Jahr von Hafners antritt. Teilweise besuchten bis zu 6.000 Personen wöchentlich das Stück.[4]
Dieser enorme Erfolg brachte dem Theater auch bald den ersten Auftritt im Ausland nach dem Krieg. Im Jahre 1950 hatte der Pastor Alfred Schmidt bei einem Besuchsaufenthalt in Berchtesgaden mehrere Stücke gesehen und lud das Ensemble daraufhin in seine Heimatstadt Swakopmund in Namibia ein. Die Theaterleute folgten dieser Einladung mit großer Begeisterung und verbanden sie gleich mit einer mehrmonatigen Tournee im Winter 1951/1952 durch Südwest- und Südafrika. Sie waren damit das erste deutsche Theater, das nach dem Krieg in diesen Gebieten unterwegs war.[14]
Bereits zwei Jahre später gab es eine Wiederholung der Afrikatour und in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche weitere Auslandstourneen. Beispielsweise standen 1978 Auftritte im Sultanat Oman und 1979 im Königreich Bahrain auf dem Programm.[1]
Neben dem Ausland zeigte auch das Fernsehen großes Interesse an den Theateraufführungen. Im Jahre 1965 fand mit „Der Kriminalinspektor“ die erste Aufzeichnung statt. Dieser folgten bis 1977 neun weitere Aufnahmen.[1] Dass das Fernsehen für das Theater Segen und Fluch zugleich war, zeigte sich erst später.
Im Jahre 1987 verließ Hafner schließlich die Bühnenbretter. Unter seiner Ägide wurden bis 1982 322 verschiedene Stücke aufgeführt, davon waren über ein Viertel, nämlich 93 Stücke, Uraufführungen. Die meisten Stücke die Hafner ausgewählt hatte, waren Komödien oder Lustspiele, lediglich 20% davon hatten eine ernste Geschichte.[1] An seine Stelle trat die aus Bischofswiesen stammende Schauspielerin und Sängerin Elisabeth Hölzl-Michalsky.
Besucherrückgang durch neue Freizeitangebote
Hölzl-Michalsky hatte 1987 von Hafner ein Theater mit zwölf Festangestellten und einem eigenen Regisseur übernommen. Zu dieser Zeit waren jedoch Massenmedien wie das Fernsehen schon stark auf dem Vormarsch und auch die ersten erschwinglichen Heimcomputer brachten vielfältige neue Freizeitangebote. Für das Bauerntheater hatte dieser Wandel dramatische Auswirkungen, da die Zahl der Besucher langsam aber stetig immer weiter nachließ. Um das Theater dennoch am Leben zu erhalten, musste das Angebot an Vorstellungen reduziert und auf angestellte Schauspieler verzichtet werden.[4]
Zukunft
Wie die Zukunft des Bauerntheaters aussieht ist ungewiss. Aktuell versucht Hölzl-Michalsky etwa zwei Vorstellungen pro Woche auf die Bühne zu bringen und auch der Gebäudebesitzer hat dem Theater die weitere Nutzung der Räumlichkeiten auf absehbare Zeit zugesichert.[4]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Hellmut Schöner: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I. 1982, S. 86.
- ↑ https://web.archive.org/web/20160731225459/http://www.berchtesgadener-bauerntheater.de/freilicht.html
- ↑ 3,0 3,1 A. Helm: Das Berchtesgadener Land im Wandel der Zeit. Reprint 1973, S. 346f.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 https://www.berchtesgadener-anzeiger.de/region-und-lokal/lokales-berchtesgadener-land/berchtesgaden_artikel,-vorhang-auf-vorhang-zu-wie-elisabeth-hoelzlmichalsky-das-bauerntheater-am-leben-erhaelt-_arid,763078.html
- ↑ Hellmut Schöner: Berchtesgadener Fremdenverkehrs-Chronik 1923-1945. Berchtesgaden 1974, Berchtesgadener Schriftenreihe Nr. 12, S. 113.
- ↑ Münchner neueste Nachrichten. Nr. 387 vom 14. September 1921
- ↑ Verschiedene Zeitungsberichte aus dem Jahr 1921, u.a. Bayern-Warte und Münchener Stadtanzeiger. Nr. 36 vom 3. September 1921
- ↑ Bayern-Warte und Münchener Stadtanzeiger. Nr. 34 vom 20. August 1921
- ↑ Bayern-Warte und Münchener Stadtanzeiger. Nr. 30 vom 23. Juli 1921
- ↑ Berchtesgadener Fremdenverkehrschronik 1923-1945. S. 79
- ↑ Berchtesgadener Fremdenverkehrschronik 1923-1945. S. 130
- ↑ Rudolf Kriss: Die Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes und ihr Brauchtum. 4. Auflage, Berchtesgaden 1994, ISBN 3-925647-10-4 (Bei Amazon* (Werbelink)), S. 145.
- ↑ Rudolf Kriss: Die Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes und ihr Brauchtum. 4. Auflage, Berchtesgaden 1994, ISBN 3-925647-10-4 (Bei Amazon* (Werbelink)), S. 145.
- ↑ Berchtesgadener Heimatkalender 1991. S. 99-108