Predigtstuhlbahn

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Predigtstuhlbahn
Orte Bad Reichenhall
Adresse Südtiroler Platz 1
Koordinaten Talstation

47°43′0″N 12°52′20″O

Koordinaten Bergstation

47°41′53″N 12°52′38″O

Berg Predigtstuhl
Baujahr 1927-1928
Talstationhöhe 476 m
Bergstationhöhe 1583 m
Höhenunterschied 1107 m
Bahnlänge 2380 m
Steigung 75 %
Gondeln 2
Kapazität 23 Personen + 1 Schaffner
Fahrzeit 8,5 Minuten
Fahrgeschwindigkeit 18 km/h

Die Predigtstuhlbahn ist eine 2,38 Kilometer lange Luftseilbahn von der Stadt Bad Reichenhall auf den 1.613 Meter hohen Berg Predigtstuhl im Lattengebirge. Als älteste im Original erhaltene Großkabinenseilbahn der Welt steht die Bahn unter Denkmalschutz (Kennung D-1-72-114-251).

Lage

Die weithin sichtbare Seilbahn befindet sich im äußersten Süden des Bad Reichenhaller Stadtgebiets und schwebt zwischen den beiden Ortsteilen Kirchberg und Auf dem Predigtstuhl. Die Talstation der Anlage steht in Kirchberg direkt neben der Saalach auf Höhe des Luitpoldwehrs am Südtiroler Platz (Hausnummer 1). Rund 1.100 Meter darüber thront die Bergstation an der Felsabbruchkante unterhalb des Predigtstuhlgipfels im Ortsteil Auf dem Predigtstuhl über der Stadt.

Die Bahn bildet die einzige verkehrliche Verbindung zwischen den beiden Ortsteilen.

Anlage

Bahn

Talstation mit ausfahrender Gondel
Bergstation und Stütze III

Die Predigtstuhlbahn ist eine Pendelbahn mit zwei gegenläufigen Großkabinengondeln. Die Bahn besitzt eine Länge von 2,38 Kilometern und überwindet von der Talstation in 476 Metern Höhe bis zur Bergstation in 1.583 Metern Höhe einen Höhenunterschied von 1.107 Metern. Dabei erreicht sie Steigungen von bis zu 75 Prozent.[1] Drei Seile tragen und bewegen die Gondeln sicher auf und vom Berg. Dies sind ein fest montiertes Tragseil pro Seite, das umlaufende Zugseil das die Gondeln bewegt, und ein Notseil für den Bergungsfall in das eine Rettungskabine eingehängt werden kann.[2] Alle Seile werden im Berg von drei Betonstützen an Ort und Stelle gehalten. Stütze I besitzt eine Höhe von 25 Metern und steht in etwa 700 Metern Höhe am Stadtberg in der Nähe der Bildstöcklkapelle. Stütze II ragt 36 Meter in die Höhe und steht in ca. 1.150 Metern Höhe im Felshang. Ein relativ kurzes Stück darüber steht die kleine 8 Meter hohe Stütze III in rund 1.320 Metern.[3]

Die gesamten technischen Anlagen zum Betrieb der Bahn sind in der Bergstation untergebracht, weswegen die Steuerung auch von dort erfolgt. Herzstück der Anlage ist ein leistungsstarker Dieselmotor, der die Gondeln mit einer Geschwindigkeit von 18 km/h in nur 8,5 Minuten ins Tal und auf den Berg befördert. Der Diesel betreibt die Bahn jedoch nicht direkt, sondern ist an einen Generator gekoppelt, dessen Strom im Anschluss den elektrischen Fahrmotor speist.[4]

In der Talstation befinden sich an Anlagenteilen lediglich die Ankergewichte zur Seilspannung. Diese weisen ein Gewicht von 104 Tonnen auf und hängen in einem 14 Meter tiefen Schacht im Boden des Gebäudes.

Technische Daten

Angaben laut Betreiber:[5]

  • Höhe Talstation: 476 Meter
  • Höhe Bergstation: 1583 Meter
  • Höhendifferenz: 1107 Meter
  • Streckenlänge: 2380 Meter
  • Maximale Steigung: 75 %
  • Höchste Stütze: 32 Meter
  • Größte Höhe über dem Boden: 180 Meter
  • Geschwindigkeit: 18 km/h
  • Gewicht der Tragseile: 67,5 t
  • Spanngewichte der Tragseile: 104 t
  • Antriebsleistung: 70 kW / 95,2 PS
  • Personen pro Wagen 23 + 1 Schaffner

Gondeln

Gondeltreff

Zwei baugleiche Großkabinengondeln befördern die Passagiere vom Tal auf den Berg und umgekehrt. Sie sind mit den Nummern 1 und 2 beschriftet, wobei die bergwärts linke Gondel die Nummer 1 und die bergwärts rechte Gondel die Nummer 2 trägt. Die Gondeln besitzen eine 12-eckige Form und bestehen aus Stahl und Aluminium[6]. Große Plexiglasfenster eröffnen in jede der zwölf Richtungen einen weiten Blick. Für die bis zu 25 Fahrgäste stehen sowohl Sitzplätze als auch Stehplätze zur Verfügung.

Entwickelt wurden die Gondeln von der Seilbahnfirma Bleichert-Zuegg, die auch am restlichen Bahnbau beteiligt war.[6]

Geschichte

Stütze II

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts gab es immer wieder Pläne für Bergbahnen, wie etwa eine Ballonbahn auf den Hochstaufen, welche jedoch nicht realisiert wurden.[7]

Nach dem Ersten Weltkrieg litten viele Kur- und Heilbäder unter einem starken Schwund an Touristen. Viele einheimische Gästehäuser und Kureinrichtungen konnten den Betrieb kaum mehr aufrecht erhalten oder waren gezwungen zu schließen. Als dann im Kurort Garmisch-Partenkirchen 1925 die Kreuzeckbahn erbaut wurde, machte sich in Bad Reichenhall die Angst eines weiteren Tourismusverlustes breit und die Idee einer eigenen Bergbahn kam wieder auf. Nach zahllosen Überlegungen präsentierte Alois Seethaler vom Hotel Axelmannstein gemeinsam mit dem wintersportbegeisterten Kurdirektor Josef Niedermeier die Überlegungen für eine Seilbahn ins schneereiche Lattengebirge, da Bad Reichenhall somit zu einem Ort mit Ganzjahrestourismus werden konnte. Im Oktober 1926 gelang es Niedermayer mit dem Bankdirektor Otto Ruby die Garmischer Kreuzeckbahn AG für das Projekt zu gewinnen.[8] Für die Gebäudeplanung wurde der Architekt Wilhelm Kahrs der Baufirma Hochtief engagiert und für den Bahnbau zeichneten sich die Seilbahnfirma Adolf Bleichert & Co. und der Ingenieur Alois Zuegg mit ihrem neuartigen System „Bleichert-Zuegg“ verantwortlich.[9] Für die Tragseile wurden neuentwickelte Spiralseile der Westfälische Drahtindustrie verwendet.[10]

Noch im November des Jahres begannen die Vorbereitungen für die spätere Trassenausmessung und von Frühjahr bis in den Sommer 1927 wurde bereits eine Hilfsseilbahn für den Materialtransport errichtet. Direkt im Anschluss, am 25. September 1927, starteten dann schon die Arbeiten an der Bahn.[8]

Während des Baus mussten die Baufirmen und die Arbeiter mehrfach Kreativität beweisen. Um den Beton der Stützen an ihre Bestimmung zu bringen, wurde er im Tal angerührt und dann mittels Milchkannen und der Hilfsbahn hinauf befördert. Im Anschluss an den Stützenbau erfolgte die Einziehung der Tragseile. Die 67,5 Tonnen schweren Seiltrommeln wurden zunächst per Bahn bis zum Bahnhof Bad Reichenhall-Kirchberg geliefert. Aufgrund ihres enormen Gewichts konnten sie jedoch nicht über die Luitpoldbrücke zur Talstation transportiert werden. Als Lösung wurden die Seile einfach am Bahnhof abgerollt und mithilfe zahlreicher Schragen durch das freie Gelände bis zur ersten Stütze geführt und dann dort eingezogen.[10]

Im Mai 1928 war die Bahn soweit fertiggestellt, dass der erste Probelauf stattfinden konnte.[11] Zwei Monate später, am 1. Juli 1928, nahm die Predigtstuhlbahn offiziell ihren Betrieb auf.[9]

2014 musste das Hotel wegen notwendiger Sanierungsmaßnahmen schließen.

Über die Zeit hatten sich an den Stützen zahlreiche Schäden gebildet, welche nun langsam den sicheren Betrieb der Bahn gefährdeten. Unter anderem lag die Bewehrung an einem Stützenkopf bereits frei und auch der Beton war an mehreren Stellen brüchig.[12] Zwischen 2018 und 2020 fand daher eine vollumfängliche Instandsetzung aller Stützen statt. Und auch die Bergstation erfuhr eine umfangreiche Sanierung.[13]

Für die Sanierung und die weitestgehende Erhaltung der originalen Betonoberfläche wurde die Predigtstuhlbahn 2020 mit dem Bayerischen Denkmalpflegepreis in der Kategorie „Private Bauwerke“ ausgezeichnet.[14]

Funkanlagen

Aufgrund der exponierten Lage des Berghotels ist dieses seit vielen Jahrzehnten ein beliebter Standort für Funkanlagen jeglicher Art. An den talseitigen Gebäudeteilen sowie auf den Dächern finden sich zahlreiche Antennen für beispielsweise Mobilfunk und Richtfunk. Von 1958 bis 2008 waren hier auch die Fernsehantennen des Senders Predigtstuhl montiert.

Seit 2020/2021 gibt es eine Richtfunkstrecke zum Schneizlreuther Ortsteil Jochberg. Damit wird der abgelegene Ortsteil ans Internet angebunden.

Eigentümer

Eigentümer der Predigtstuhlbahn ist seit 2013 die Predigtstuhlbahn GmbH & Co. KG (HRA 11182 – Amtsgericht Traunstein) mit der Predigtstuhlbahn Verwaltungs GmbH (HRB 22465 – Amtsgericht Traunstein) als persönlich haftenden Gesellschafter und u.a. dem Freilassinger Unternehmer Max Aicher als Kommanditist. Bis 2019 firmierte die Firma unter dem Namen Josef & Marga Posch GmbH & Co. KG.[15]

Der vorherige Eigentümer war die Predigtstuhlbahn GmbH (HRB 5147 – Amtsgericht Traunstein). Diese musste am 20. Februar 2009 Insolvenz anmelden und wurde Ende Februar 2019 liquidiert.[16]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. https://www.predigtstuhlbahn.de/bahn/predigtstuhl-seilbahn
  2. Ein Drahtseilakt am Boden. Reichenhaller Tagblatt vom 16. April 2016, Seite 3
  3. Reichenhall wies früher war, S. 71f
  4. Josef & Marga Posch GmbH & Co. KG: Predigtstuhlbahn. Passavia Druck, Passau, S. 17
  5. https://www.predigtstuhlbahn.de/bahn/predigtstuhl-seilbahn
  6. 6,0 6,1 Josef & Marga Posch GmbH & Co. KG: Predigtstuhlbahn. Passavia Druck, Passau, S. 11
  7. Toni Schmidberger: Das erste Wechselstrom-Kraftwerk in Deutschland. 1990, Seite 102
  8. 8,0 8,1 Der Traum vom deutschen Davos. Heimatblätter Nr. 7 vom 9. August 2003
  9. 9,0 9,1 https://www.predigtstuhlbahn.de/bahn/geschichte
  10. 10,0 10,1 Josef & Marga Posch GmbH & Co. KG: Predigtstuhlbahn. Passavia Druck, Passau, S. 12f
  11. Fritz Hofmann: Bad Reichenhall wie es früher war. 1999, ISBN 3-89702-145-5, S. 65.
  12. https://drschuetz-ingenieure.de/data/pdfs/3401/Predigstuhlbahn_Denkmalpflegepreis.pdf
  13. Bürgerversammlung der Stadt Bad Reichenhall Januar / Februar 2020
  14. https://www.predigtstuhlbahn.de/bahn/bay-denkmalschutzpreis-2020
  15. HRA 11182 – Amtsgericht Traunstein
  16. HRB 5147 – Amtsgericht Traunstein