Torfwerk Ainring

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Torfwerk Ainring

Das Torfwerk Ainring (früher auch: „BHS-Alpentorfwerk Ainring-Niederstraß“ und „Euflor, Humuswerk Ainring“) war ein staatlicher und privater Tagebaubetrieb in der Gemeinde Ainring, der Torf im Ainringer Moos abbaute. Heute unterhält der Verein „Freunde Ainringer Moos e.V.“ auf dem ehemaligen Betriebsgelände ein Erlebnismuseum.

Lage

Die alten Betriebsanlagen des Torfwerks stehen im Ainringer Ortsteil Mühlreit, direkt zwischen der Bahnstrecke Rosenheim–Salzburg und der Bundesstraße 304. Die Adresse ist Mühlreit 1 & 5.

Davon entfernt befindet sich nur wenige hundert Meter südlich des Betriebsgeländes das gut 250 Hektar große Ainringer Moos zwischen den Ortsteilen Mühlreit, Thundorfer Mühle, Doppeln, Moos, Eschlberg, Adelstetten und Hort.

Geschichte

Vorgeschichte

Da die Reichenhaller Saline oft unter Holz- und Brennstoffmangel litt, war sie immer wieder auf der Suche nach neuen Brennstoffen, so auch nach Torf. In Inzell betrieb die Saline daher ab 1793 zwei Torfstechereien, die jedoch bereits im Jahre 1803 wieder aufgegeben wurden. Der Grund hierfür war der wesentlich höhere Beschaffungspreis von Torf im Gegensatz zu Holz.[1] Deutlich erfolgreicher war für die Saline dagegen ab etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Torfstecherei im Ainringer Moos.[2]

Neben der Saline entdeckte auch der zu dieser Zeit aufstrebende Kurbetrieb in Bad Reichenhall den Torf für sich. So bot die Sole- und Molkenkuranstalt Achselmannstein bald zu Heilzwecken Moorbäder mit Torf aus dem Ainringer Moos an.[3]

In der folgenden Zeit interessierten sich immer mehr Firmen für den Rohstoff. Im Jahr 1900 etwa, wurden neben der Reichenhaller Saline auch bereits die Hufeisenfabrik in Hammerau und eine Kalkbrennerei in Rott am Inn[4] mit Torf versorgt. Betrieben wurden diese frühen Torfstechereien meist als Klein- oder Nebenbetriebe von Anwohnern und Bauern.

Torfwerk

Mit dem industriellen Abbau wurde nach dem Ersten Weltkrieg begonnen, da in der Nachkriegszeit neben vielen anderen Problemen eine allgemein große Brennstoffnot herrschte, zahlreiche Menschen arbeitslos waren und es den Bauern auch an Einstreu mangelte. Das Forstamt Teisendorf begann daher unter einem immensen Aufwand mit der Erschließung des Ainringer Mooses und auch des Schönramer Filzes und der Gründung der jeweiligen Torfwerke. Im Jahr 1919 etwa, gab das Forstamt fünfmal soviel Geld für Torferschließungsmaßnahmen aus, als für die Holzgewinnung.[5]

Zur gleichen Zeit ging auch der Bayerische Landtag das Problem der Brennstoffnot an und suchte nach Möglichkeiten, diese Not zügig zu beheben. Er beschloss am 24. Februar 1920 das „Gesetz über Torfwirtschaft“ (auch Torfwirtschaftsgesetz oder kurz Torfgesetz) als Erweiterung des bestehenden Notgesetzes. In diesem Gesetz wurde unter anderem die zügige Versorgung der Bevölkerung mit Torf durch Ausbeutung abbaufähiger Torfgebiete und auch die Enteignung ungenutzter privater Moore geregelt.[6] Das Torfwirtschaftsgesetz trat bereits am nächsten Tag, dem 25. Februar 1920, in Kraft.[7] (Das Gesetz wurde erst im Jahr 1981 mit dem 1. Aufhebungsgesetz aufgehoben.[8]) Im Anschluss gründete der Landtag für die wirtschaftliche Organisation (z.B. Finanzierung und Preis) der staatlichen Torfabbaubetriebe am 27. März 1920 die „Bayerische Landestorfwerke GmbH“. [9] In die Landestorfwerke brachten viele staatliche Stellen ihre Torfwerke ein, so auch das Forstamt Teisendorf ihr Ainringer Torfwerk. Erst 1941, lange nach dem Ende der Wirtschaftskrise, löste das Teisendorfer Forstamt als eine der letzten Stellen, das Torfwerk wieder aus den Landestorfwerken. Die Gesellschaft wurde im Anschluss aufgelöst.[10]

Gut zwei Jahrzehnte später wanderte das Torfwerk mit der Gründung der Bayerischen Landesanstalt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht Teisendorf am 3. März 1964 vom Forstamt zur Landesanstalt[11] und blieb dort bis November 1968. Während dieser Zeit erforschte die Anstalt die Nutzung von Torfkultursubstraten für Pflanzenzuchtbetriebe.[12]

Zum 1. Dezember 1968 übernahm die Sparte „Alpentorfwerke Rosenheim“ der staatlichen „Bayerische Berg-, Hütten- und Salzwerke AG“ (BHS) das Torfwerk. Für den Vertrieb war die 1971 zugekaufte „Euflor GmbH Gartenbedarf“ der BHS zuständig. Die Alpentorfwerke wurden 1986 in „BHS-Humuswerke“ umbenannt und kamen im Jahr 1991 mit der Privatisierung der BHS zur SKW Trostberg AG. Die SKW verschmolz anschließend ihre eigene Düngersparte mit der Euflor und den Humuswerken zur Euflor GmbH und veräußerte den Bereich letztendlich im Jahr 1998.[13]. Die Euflor GmbH war schließlich bis zum Betriebsende des Torfwerks die Eigentümerin.

Ende und Renaturierung

→ Siehe auch: Ainringer Moos#Renaturierung

Das Ende des Torfabbaus zeichnete sich bereits im Jahr 1988 durch eine Entscheidung des Bayerischen Landtags ab. Auf seiner Sitzung vom 14. Dezember 1988 beschloss der Landtag, dass der Torfabbau auf staatseigenen und naturnahen Moorflächen eingestellt oder nur noch solange fortgeführt wird, bis eine optimale Renaturierung gewährleistet ist.[14]

Kurz darauf wurde von der Bayerischen Landesanstalt für Bo­denkultur und Pflanzenbau für das Ainringer Moos bereits ein Renaturierungskonzept erarbeitet. In diesem war unter anderem die Wiedervernässung der abgebauten Flächen und der Rückbau der Torfbahn vorgesehen.

Auch das Landratsamt nahm sich etwas später des zukünftigen Schutzes an und erließ 1995, noch während des laufenden Abbaus, bereits eine Landschaftsschutzverordnung. Im diesem Landschaftsschutzgebiet Ainringer und Peracher Moos wurde neben dem Ainringer Moos auch das Peracher Moos unter Schutz gestellt und die Renaturierung des Torfabbaugebiets als eines der Schutzzwecke festgesetzt.[15]

Das endgültige Ende des Torfabbaus war vermutlich im September 2003.[16][17] Vereinzelt wird auch der November 2002 genannt.[18]

Da in den anschließenden Renaturierungsmaßnahmen der vollständige Rückbau der Torfbahn vorgesehen war, beschloss die Gemeinde die restlichen Betriebsanlagen zu erwerben und sie als industrie- und heimatgeschichtliches Kulturgut zu erhalten. Die Unterhaltung der Bahn und den Betrieb eines Museums übernahmen wenig später engagierte Bürger, die sich hierfür zu einem Verein zusammen schlossen[19] (siehe #Museum).

Gewerblicher Torfabbau findet seit der Schließung des Torfwerks nicht mehr statt. Zu Lehrzwecken werden vereinzelt noch Kleinstmengen im Handstichverfahren gewonnen.

Betrieb

Abbau

Den wahrscheinlich größten Arbeitsbereich des Torfwerks machte der Abbau aus. Der Torfabbau geschah viele Jahrzehnte lang im Handtorfstichverfahren und wurde in den 1970ern vom maschinellen Frästorfverfahren abgelöst.

Vorarbeiten

Bevor mit dem eigentlichen Abbau begonnen werden konnte, waren einige vorbereitende Maßnahmen nötig um die Torfschicht überhaupt zu erreichen. Dazu gehörten die großflächige Trockenlegung der Unterwasser stehenden Moorflächen und die Abtragung der Pflanzendecke.

Für die generelle Entwässerung des Ainringer Mooses wurden Hauptentwässerungsgräben angelegt, die das Moorwasser im Nordwesten über den Schwarzgraben in die Kleine Sur und im Osten über den Sonnwiesgraben zur Sur ableiteten. In diese großen Gräben mündeten viele weitere kleine Gräben die nach und nach mit der Ausdehnung des Abbaugebiets entstanden.[20] Nach der Trockenlegung musste auf den zukünftigen Arbeitsflächen die Pflanzendecke mittels Stechgabeln abgetragen werden um die darunter befindliche Torfschicht freizulegen.

Mit der Zeit unterstützen und übernahmen Maschinen, wie etwa die „Mehrzweckmaschine M 56“, diese vorbereitenden Tätigkeiten. Diese mehrere Meter breite Maschine war unter anderem in der Lage die Arbeitsflächen zu Planieren, Abraum zu beseitigen und Entwässerungsgräben zu ziehen[21].

Handabbau

Ein Schautorfstich am Moosbahnhof zeigt grob den Handabbau
Torfsoden zu Kastln aufgstapelt

Der Handtorfstich war lange Zeit die vorherrschende Abbauart im Moos. Er war eine äußerst schwere körperliche Arbeit und mit einem immensen Aufwand verbunden.

Die Torfstecher stachen u.a. mittels Sticheisen (Stecheisen) die sogenannten Torfsoden senkrecht aus dem Boden. Eine Sode wog etwa 7-8 Kilogramm und hatte zu Beginn des industriellen Abbaus ab 1920 die Ausmaße 9x9x45 cm. Mit der Umstellung auf Streutorf ab 1923/24 änderte sich auch die Größe der Soden auf 13x13x45 cm. Gestochen wurde meist auf vier Ebenen gleichzeitig, was dem Abbau einer knapp zwei Meter tiefen Torfschicht (4x45 cm) entsprach.[22] Diese Tätigkeit war eine Schwerstarbeit, da ein Arbeiter rund 2.000 Soden am Tag aus dem Boden holte und damit etwa 14-16 Tonnen Torf bewegte.

Im Anschluss wurden die Torfsoden auf Gleisrollwagen verladen und zum Trocknen auf spezielle Auslegeflächen transportiert, da der frisch gestochene Torf einen sehr hohen Wassergehalt aufwies und so noch nicht weiterverarbeitet werden konnte. Auf den Flächen wurden jeweils ca. 8 Soden überkreuz zu sogenannten „Kastln“ aufgetürmt, damit sie an der Sonne antrocknen konnten. Für eine gleichmäßige Trocknung folgte nach einiger Zeit das „Umkastln“, bei dem die Türme in anderer Reihenfolge neu aufgebaut wurden. Nach diesem ersten Wasserverlust kamen die nun schon festeren Soden zur weiteren Trocknung in offene Torfhütten oder Torfstöcke, wovon es weit über 200 in Moos gab. Dort wurden zahlreiche Soden dicht an- und aufeinander magaziniert. In der folgenden Zeit verloren sie dann durch die Sonnenwärme das meiste noch gespeicherte Wasser.[22] Die Arbeit des Magazinierens wurde üblicherweise von Frauen ausgeführt und war nicht weniger anstrengend als die des Torfstechens.

Insgesamt war aufgrund des beträchtlichen und langwierigen Aufwands im Handabbau für eine erträgliche Verkaufsmenge jede Menge Personal nötig. Dies war auch eine der Ursachen für die Gründung des Torfwerks nach dem Ersten Weltkrieg, da zu dieser Zeit eine hohe Arbeitslosigkeit herrschte und viele Personen im Torfabbau eine Beschäftigung fanden. In der Folgezeit entwickelte sich das Torfwerk zum zweitgrößten Arbeitgeber in der Gemeinde Ainring und blieb dies dann auch über mehrere Dekaden hinweg[23]. Neben normalen Erwerbstätigen waren auch Häftlinge der Haftanstalt Lebenau und im Zweiten Weltkrieg auch Gefangene der Kanalinsel Guernsey beschäftigt.[16]


Mit der zunehmenden Industrialisierung hielten auch maschinelle Helfer Einzug in den Torfabbau. Ab 1958 erleichterte eine Mehrzweckmaschine die Nebenarbeiten der Torfstecher, wie etwa die Arbeitsflächen vorzubereiten (siehe #Vorarbeiten). Nur zwei Jahre später wurde mit dem Sodensammler eine weitere Großmaschine angeschafft.[24] Durch immer effizientere Arbeitsmaschinen verlor der Handtorfstich zunehmend an Bedeutung und wurde schlussendlich am Anfang der 1970er Jahre[23][21] vom maschinellen Abbau abgelöst.

Maschinenabbau

Bereits in den 1950er und 1960ern erleichterten Hilfsmaschinen zusehends die Arbeit der Torfstecher. Nachdem dann die 1971 von der BHS zugekaufte Euflor den Vertrieb des Torfs übernahm, hielten schließlich auch Torfabbaumaschinen im Moos Einzug. Dies führte dazu, dass der aufwändige Handtorfstich zugunsten des deutlich leistungsfähigeren Maschinenabbaus im Torffräsverfahren wenig später komplett aufgegeben wurde.

Der maschinelle Abbau funktionierte nach einem völlig anderen Prinzip als der händische Abbau. Statt wie im Handabbau immer nur einzelne Stücke aus dem Torfboden zu stechen, fräste sich die Torffräsmaschine in relativ schmalen (vermutlich ~1 Meter breit) aber tiefen Bahnen durch den Boden und konnte somit in kurzer Zeit erhebliche Mengen des Rohstoffs fördern. Der gewonnene Torf wurde nach dem Fräsen eingesammelt und auf großen Mietenplätzen (≈Lagerplätzen) zwischenlagert. Später nahmen Bagger den Rohstoff auf und beluden damit die Loren der Torfbahn, die den Torf anschließend ins Torfwerk hinaus fuhren[25].


Auch wenn der Fräsabbau einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil mit sich brachte, so hatte er auch einige Nachteile für die Umwelt und die Gemeinde:

  • Durch das Fräsen entstand in nicht unerheblicher Menge ein Torfstaub der sich nicht nur im Moos niederlegte, sondern durch den Wind auch im Ainringer Gemeindegebiet verteilte. Um die Verfrachtungen einzudämmen, wurden in den Randgebieten des Abbaugebiets die Waldbestände aufgeforstet und für das nahe Freibad Ainring ein Unterwasserstaubsauger angeschafft.[26] Betriebsintern stand für Verunreinigungen an der Feldbahn ein Torfsauger zur Verfügung.
  • Bedingt durch den viel schnelleren Torfabbau fand auch ein viel stärkerer Eingriff in die Vegetation des Mooses statt. Nach dem Abfräsen der Torfschicht blieb meist nur noch eine weitestgehend leblose Fläche zurück. Als Ersatzmaßnahmen wurden später die Flächen wiedervernässt, wodurch sich in relativ kurzer Zeit bereits wieder ein artenreicher Lebensraum entwickelte.[25]

Abbau in Zahlen

Das Ainringer Moos erstreckt sich auf eine Fläche von 250 Hektar und verfügt über eine bis zu neun Meter dicke Torfschicht. Diese Schicht durfte bis auf eine Tiefe von 0,5 bis 1 Meter über dem Mineralboden[27] abgetorft werden. Im Pachtvertrag mit der BHS vom 1. Dezember 1968 wurde für den Abbau eine Fläche von 129,3 Hektar festgelegt. Tatsächlich fand der Abbau auf einem Gebiet von 90 Hektar statt.[28] Die restlichen ungenutzten Flächen waren vorwiegend bewaldete Randgebiete, die aus Sicht- und Immissionsschutzgründen erhalten blieben.[27]

Jährlicher Torfabbau[16][28]
Jahr Absatz (m³) Bademoor (m³)
1953/54 ~60.000 (Handtorfstich)
1969 50.107
1970 44.550
1971 45.231
1972 50.920
1973 51.821
1974 91.014
1975 88.359
1976 92.958
1977 97.938
1978 115.382
1979 90.015
1980 63.498
1981 76.142
1982 113.612
1983 92.890
1984 83.850
1985 61.115
1986 90.766
1987 78.946 686

Torfbahn

Schienen der Torfbahn und links davon ein Wanderweg; breite Schwellen sorgten für stabile Gleise auf dem weichen Untergrund
Moosbahnhof im Ainringer Moos; links ein alter Trockenstand
Güterwaggon zum Transport von losem Torf

Um den Torf effizient im und aus dem Ainringer Moos zu befördern, war das gesamte Abbaugebiet durch eine Feldbahn („Torfbahn“) erschlossen. Sie hatte den Vorteil, dass sie auf dem weichen Untergrund die schweren Lasten sicher transportieren konnte.

Die Torfbahn war eine Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 600 Millimetern. Zur Zeit der größten Ausdehnung hatte das Schienennetz im Moos eine Länge von rund 13 Kilometern, dazu kamen noch ein gut 600 Meter langes Verbindungsgleis zum Torfwerk und zahlreiche Gleise im Betriebsgelände. Den Knotenpunkt zwischen dem Abbaugebiet und dem Torfwerk bildete der vielgleisige Moosbahnhof im nördlichen Moos. Dieser Güterbahnhof war von zentraler Bedeutung für den Betrieb der Torfbahn, da hier die Hauptschienenstränge aus dem Moos zusammen liefen und auch die Güterzüge für den Abtransport zum Torfwerk zusammengestellt wurden. Weiters verfügte er in Richtung Nordwesten noch über zwei Trockenstände für Güterloren.

Für den Bahnbetrieb waren mehrere leichte Dieselloks im Einsatz. Die Loks kamen gebraucht nach Ainring und stammten von verschiedenen Industriebetrieben, vorwiegend aus anderen Sparten der Torfwerk-Besitzerin BHS (zum Beispiel vom Bergbau in Peißenberg und Peiting). Die Eisenbahnfahrzeuge wurden dann vom Torfwerk an die örtlichen Gegebenheiten angepasst. So bekamen etwa frühere Grubenloks eine Überdachung um die Lokführer etwas vor der Witterung zu schützen.

Neben den Loks gab es noch einige weitere Schienenfahrzeuge wie etwa einen Kranwagen für den Gleisbau und einen Torfsauger der die Schienen von Torfstaub befreite.

Geschichte

Die Anfänge der Torfbahn reichen bis zum Beginn des industriellen Abbaus im Jahr 1920 zurück. Die ersten Gleise wurden gebraucht besorgt und kamen von einer Waldbahn in der Nähe von Schliersee. Drei Jahre später kam von dort auch die erste Lok mitsamt Maschinisten.[29] In den folgenden Jahrzehnten wuchs die Torfbahn zusammen mit dem Abbaugebiet immer weiter ins Moos. Nach und nach wurde so fast die gesamte Arbeitsfläche im Ainringer Moos durch ein weites Schienennetz erschlossen.

In den Jahren 1972/73 wurde der Anschlusspunkt der Moosgleise mit dem Verbindungsgleis zum Torfwerk zu einem Bahnhof, „Moosbahnhof“ genannt, ausgebaut. Wenig später, von 1977 bis 1981, wurde die südwestlich des Bahnhofs liegende steinerne Mineralinsel durchbrochen.[24] Dadurch konnten die Loren aus den weiter entfernten Abbaugebieten den Moosbahnhof einfacher erreichen.

Torfwerk

Das Torfwerk war der Dreh- und Angelpunkt des ganzen Betriebs, da hier der Torf angeliefert, verarbeitet und vertrieben wurde. Das Werksgelände wurde daher an einer strategisch günstigen Position im Ainringer Ortsteil Mühlreit errichtet. Der Standort ermöglichte einen kurzen Transportweg aus dem Abbaugebiet und besaß zudem eine direkte Anbindung an zwei international wichtige Verkehrsstrecken.

Das Betriebsgelände erstreckte sich auf eine Fläche von über 10.000 m². Über das Gelände verteilt standen viele verschiedene Einrichtungen wie etwa das Werksgebäude, ein Verwaltungsgebäude, zwei Verladeanlagen für losen Torf, Silos und ein Mietenplatz um unverarbeiteten Torf zwischenzulagern.

Hergestellt wurden im Werk viele verschiedene Torfprodukte. In der Anfangszeit waren es Heiz- und Streutorf, die aus der Not der Nachkriegszeit heraus dringend benötigt wurden. Später folgte dann die Umstellung auf Kultursubstrate wie Gartentorf für den Landschafts- und Gartenbau. In geringer Menge wurde auch spezielles Kurmoor u.a. für den Kurbetrieb in Bad Reichenhall produziert.

Werksgebäude

Das Werksgebäude ist ein relativ schmaler mehrstöckiger Massivbau. Diesem ist linksseitig ein größerer Holzbau angegliedert. An der rechten Gebäudeseite ist die in Holzbauweise ausgeführte Lokremise, die mit zwei Gleisen an die Feldbahn angebunden ist, angeschlossen. Dem Werksgebäude vorgelagert ist eine zweigleisig durchfahrbare Halle zur Entleerung der Loren.

Der erste Teil der Anlage wurde in den Jahren 1923/24 gebaut und bestand nur aus einem einfachen Fabrikgebäude aus Holz. In den folgenden gut 35 Jahren hatte sich die Nachfrage nach Torfprodukten so sehr gesteigert, dass das Werk deutlich erweitert werden musste. Dazu wurden unter anderem der mittlere Gebäudeteil als Massivbau neu errichtet und eine Sackabfüllanlage eingebaut.[21][30]

Heute existieren im Werk fast keine Maschinen mehr, da die ehemalige Betreiberfirma die meisten nach der Werksschließung in ihre anderen Niederlassungen überführte.

Betrieb

Bevor im Torfwerk mit der Arbeit begonnen werden konnte, mussten erst Güterzüge mittels Feldbahn den benötigten Torf aus dem Ainringer Moos zum Werk transportieren. Am Werk durchfuhren die Züge die vorgelagerte Halle und entleerten darin ihre Güterloren. Der Rohstoff fiel dabei durch Öffnungen im Boden auf Förderschnecken, die ihn ins Werksgebäude transportierten und dort einem speziellen Torfaufzug zuleiteten. Der Aufzug beförderte den Torf ins Obergeschoss wo er dann verarbeitet, mit verschiedenen Zusätzen vermengt und den Torfabfüllanlagen zugeführt wurde. Übliche Zusätze waren etwa Dünger, Rindenmulch[28] und, aufgrund der natürlichen Nährstoffarmut des Torfs, nährstoffreicher Klärschlamm aus der Münchener Kläranlage[16]. Mithilfe der Abfüllanlagen wurde das fertige Gemisch in Säcke und Ballen abgepackt und dann für den Vertrieb vorbereitet.

Vertrieb

Laderampe mit Gleis am Torfwerk Ainring. Im Hintergrund die Bahnstrecke Rosenheim–Salzburg.

Für den Vertrieb standen dem Torfwerk direkte Anbindungen an zwei international wichtige Verkehrsachsen zur Verfügung. Dies waren die Bahnstrecke Rosenheim–Salzburg und die Bundesstraße 304.

An die nördlich am Betriebsgelände vorbeiführende Bahnstrecke Rosenheim–Salzburg war das Werk beim Bahnhof Niederstraß (Betriebsstellenkürzel: MNS) mittels einer eigenen Ausweichanschlussstelle (Awanst) angeschlossen. Zur Verladung auf die Schiene gab es auf dem Gelände zwei getrennte Einrichtungen. An die Nordseite des Werksgebäudes war eine Laderampe angebaut, so dass die hergestellten Produkte einfach auf die Schiene verladen werden konnten. Westlich davon befand sich eine Anlage zur Loseverladung. Loser Torf konnte dort direkt in Güterwaggons umgefüllt werden. Der Bahnvertrieb wurde im Mai 1990 eingestellt[31], da immer weniger Warenvertrieb über die Schiene erfolgte.

Durch die unmittelbar am Gelände vorbeiführende Bundesstraße 304, war das Torfwerk neben dem Schienenweg auch hervorragend an den Straßenweg angebunden. Für eine schnelle Verladung von losem Torf, besaß das Werk daher direkt neben der Bundesstraße eine Loseverladeanlage. Mithilfe dieser Anlage konnte der Torf ohne Umwege von der Feldbahn in von oben befüllbare Lkw wie Muldenkipper umgeschlagen werden. Daneben wurden die verpackten Produkte auf dem Betriebsgelände in Lkw verladen.

Museum

Mit dem Ende des Torfwerks gründete sich im August 2003 der Verein „Freunde Ainringer Moos e.V.“ (VR 748 beim Amtsgericht Laufen). Die Mitglieder des Vereins haben sich die Ziele gesetzt, die Geschichte des Torfwerks und des Abbaus zu erforschen und darzustellen, das Ainringer Moos zu pflegen und zu schützen, sowie beides der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.[32]

Mit viel Aufwand bauten die Vereinsmitglieder dazu auf dem alten Betriebsgelände ein Torfmuseum auf. Darin finden sich viele historische Handwerkszeuge und Geräte, die die harte Arbeit der Torfstecher anschaulich darstellen. Außerdem informieren zahlreiche alte Bilder und diverse Aushänge über das alte Torfwerk und das Ainringer Moos.

Dem Torfmuseum ist mit Resten der alten Torfbahn, die als eines der wenigen Objekte im Moos noch deutlich an den Torfabbau erinnert, ein Erlebnismuseum angeschlossen. Die Bockerlbahn besteht aus einem ca. zwei Kilometer großen Schienennetz, das vom Torfwerk über den alten Moosbahnhof bis zum Ostbahnhof verläuft. Für den Bahnverkehr steht ein kleiner Fuhrpark mit drei Dieselloks, zahlreichen Loren und diversen Arbeitsgeräten zur Verfügung. Viele dieser alten Eisenbahnfahrzeuge, wie etwa die beiden Loks Gmeinder 10/12 PS und Deutz A2M514, stammen noch aus dem Bestand des früheren Werks. Der Verein hatte in mehrjähriger Tätigkeit über 10.000 Arbeitsstunden[33] in die Sanierung und den Erhalt der Torfbahn investiert. Die offizielle Eröffnung der „neuen“ Bockerlbahn fand am 28. April 2007 statt.[34]

Im Moos selbst, genauer im Umfeld des Moosbahnhofs, finden sich weitere Ausstellungsstücke. Direkt am Bahnhof wird ein kleiner Schautorfstich samt alten Gleisrollwagen gezeigt. Wenige Schritte daneben stehen einige Loren in einem ausgedienten Trockenstand. Gegenüber des Bahnhofs ist ein bis zu 60 cm tiefes Moortretbrecken eingerichtet. Darüber hinaus stehen in der Umgebung mehrere Schautafeln, die über den Torfabbau und das Moos und informieren.

Neben der Museumsarbeit betätigen sich die Vereinsmitglieder auch an der Renaturierung und der Pflege des Ainringer Mooses. Siehe dazu: Ainringer Moos#Renaturierung

Sonstiges

Neben dem Bahnhof Niederstraß, war das Torfwerk wohl maßgeblich an der Entwicklung des Ortsteils Mühlreit beteiligt. Von einzelnen Anwesen am Anfang des 20. Jahrhunderts, wuchs der Ortsteil über die Jahrzehnte auf eine ansehnliche Größe heran.[35]

Auf dem Werksgebäude ist ein markanter Funkmast mit derzeit zahlreichen Mobilfunkantennen und zwei Richtfunkverbindungen montiert. Er wurde schon errichtet, als das Torfwerk noch in Betrieb war.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zeitschrift für das Forst- und Jagdwesen: mit bes. Rücksicht auf Bayern. 1841, S. 72
  2. Hermann von Herrmann: Topographische Geschichte der Stadt Reichenhall und ihrer Umgebung. 1858, Seite 43.
    Herrmann spricht hier von einer seit mehreren Jahren bestehenden Torfstecherei im Ainringer Moos; also grob seit 1850.
  3. Dr. med. Alexander Göschen: Achselmannstein bei Reichenhall. 1857, S. 29
  4. Informationsschild "Der Torfabbau im Ainringer Moos"
  5. Markt Teisendorf: Heimatbuch Teisendorf. Markt und Land. 2001, S. 395.
  6. Bayerischer Landtag – 40. Sitzung vom 24. Februar 1920 (Digitalisat)
  7. Gesetz über Torfwirtschaft vom 25. Februar 1920 – Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Bayern Nr. 9 vom 5. März 1920
  8. Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 6 vom 16. April 1981
  9. Bayerischer Landtag – 56. Sitzung vom 27. März 1920 – Punkt 14 (Digitalisat)
  10. Walter Gipp: Wirtschaftliche Bedeutung von Moorflächen. 1981 (Digitalisat)
  11. Markt Teisendorf: Heimatbuch Teisendorf. Markt und Land. 2001, S. 398.
  12. Allgemeine Forst Zeitschrift für Waldwirtschaft und Umweltvorsorge, Band 44,Ausgaben 1-26, S. 550.
  13. https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bayerische_Berg-,_H%C3%BCtten-_und_Salzwerke_AG_(BHS)
  14. Bayerischer Landtag – 80. Sitzung vom 14. Dezember 1988 & Drucksache 11/9288
  15. Verordnung des Landkreises Berchtesgadener Land über das Landschaftsschutzgebiet „Ainringer und Peracher Moos“ vom 16. Februar 1995.
  16. 16,0 16,1 16,2 16,3 Informationsschild "Der Torfabbau im Ainringer Moos"
  17. Chiemgau Blätter Nr. 26/2003
  18. Gemeindezeitung "Wir in Ainring" – September 2007 / Nr. 20
  19. Gemeindezeitung "Wir in Ainring" – Juli 2003 / Nr. 3
  20. Alte Landkarten
  21. 21,0 21,1 21,2 Informationsschild "Industrielle Nutzung des Ainringer Mooses"
  22. 22,0 22,1 Informationsschild "Knochenarbeit im Moos"
  23. 23,0 23,1 Flyer der Freunde Ainringer Moos e.V.
  24. 24,0 24,1 http://ainringer-moos.de/abbau_mechanik.php
  25. 25,0 25,1 Euregio: Broschüre "Moor & Torf" – Abschnitt Ainringer Moos
  26. Drucksache 10/3630 des Bayerischen Landtags
  27. 27,0 27,1 Drucksache 11/5953 des Bayerischen Landtags
  28. 28,0 28,1 28,2 Drucksache 11/7609 des Bayerischen Landtags
  29. Informationsschild zur Torfbahn
  30. http://ainringer-moos.de/abbau_werk.php
  31. Armin Franzke, Josef Mauerer: 150 Jahre Bahnstrecke Rosenheim – Salzburg. 2010, ISBN 978-3-9812639-2-3 (Bei Amazon* (Werbelink)), S. 152–154.
  32. http://ainringer-moos.de/ueber_wollen.php
  33. Gemeindezeitung "Wir in Ainring" – Juni 2007 / Nr. 19
  34. Gemeindezeitung "Wir in Ainring" – März 2007 / Nr. 18
  35. Alte und neuere Karten